Butjadinger und Stadlander Friesen gedenken der Friesischen Freiheit
Vor 500 Jahren verloren die Friesen aus Stadland und Butjadingen im Kampf gegen ein Söldnerheer von verbündeten Grafen ihre Freiheit. In Hartwarden (Gemeinde Rodenkrichen, Landkreis Wesermarsch) findet zu diesem Jahrestag am Sonntag, den 19. Januar eine Gedenkveranstaltung statt, die an die Freiheitsschlacht der Butjadinger und Stadlander Friesen im Januar 1514 erinnert. Der Rüstringer Heimatbund will damit die Erinnerung an die Friesische Freiheit und das Gedenken an den Freiheitskampf der Friesen wachhalten. Treffpunkt ist um 10 Uhr am Friesenheim Rodenkirchen–Hartwarden, anschließend findet am Friesen-Denkmal in Hartwarden eine Kranzniederlegung statt.
Butjadingen und Stadland weckten zu Beginn des 16. Jahrhunderts als noch verbliebene Teile des zerrissenen Friesengaus Rüstringen die Begierde fremder Obrigkeiten und fielen ihr schließlich zum Opfer. Nachdem frühere Versuche misslungen waren, die hier lebenden Friesen dauerhaft zu unterwerfen, fand an der Hartwarder Landwehr bei Rodenkirchen am 21. Januar 1514 die entscheidende Schlacht gegen ein mächtiges Heer damals verbündeter Grafen statt.
Die erbittert Widerstand leistenden Bewohner der Landstelle Stadland und Butjadingen verloren diesen entscheidenden Kampf zwar, setzten der Friesischen Freiheit mit ihrem Mut aber gleichsam ein Denkmal. Ubbo Emmius, der Verfasser der mehrbändigen „Friesische Geschichte“ schrieb darüber: „Denn durch gegenseitige Ermahnung und durch den Ansporn ihrer Vorgesetzten gestärkt, hatten sie beschlossen, für die Freiheit ihrer Heimat, für Weib und Kind, für ihre Treue und das Glück Edzards, dem sie sich verpflichtet hatten, für den Ruhm ihrer Vorfahren und ihre eigene Ehre den Kampf bis zum Äußersten zu bestehen, ihr Blut zu vergießen und schließlich ein Beispiel dafür zu geben, wie viel die Verteidigung der Freiheit freien Menschen wert ist und wie sehr sie tapfere Männer in Gefahren antreibt.“
Ansprache des Vorstandsmitglieds Paul Kluge anlässlich des Treffens der freien Friesen am Upstalsboom
Läiwe Landslüe ut Noord-, West-, Sater- un Oostfreesland, willkommene Gäste aus den deutschen und den Niederlanden,
in früheren Zeiten versammelten sich am Dienstag nach Pfingsten hier am Upstalsboom Vertreter der freien Seelande, um ihre Angelegenheiten zu richten. „Redjeven“ hießen sie, Ratgeber, die auf Zeit gewählt waren. Nicht um Urteile ging es – die wurden gelegentlich auch gefällt – sondern um Ordnung, um Frieden. War etwas in Unordnung geraten in den wechselseitigen Beziehungen der freien Seelande, gab es gravierende Schwierigkeiten zwischen einzelnen Landesgemeinden, gab es Bedrohung von außen: Hier war der Ort, in gemeinsamer Beratung Lösungen zu finden, gestörten Rechtsfrieden wieder herzustellen, Gefahren durch die See oder durch Feinde gemeinsam abzuwehren. Dies geschah generell nach einem Prinzip, das heute Subsidiarität genannt wird, und dessen Erfindung sich andere gern auf ihre Fahnen schreiben.
Grundlage der Beratungen war die Rechtsordnung der Friesischen Freiheit, zu Beginn des 9. Jahrhunderts verliehen. Sie gewährte den Friesen ein Maß an Unabhängigkeit und Selbständigkeit, an Eigenverantwortung auch, das es im übrigen Europa nicht gab. In 17 Küren, Gesetzen, war festgehalten, was für alle freien Seelande galt. Sie wurden durch 24 Landrechte ergänzt. Dieses Recht galt für alle gleich, für Reiche wie für Arme, für Einheimische wie für Zugezogene. Es galt auch für ausländische Flüchtlinge, und Leibeigene gab es nicht.
Um 1240 charakterisiert der englische Franziskanermönch Bartholomäus Anglicus die Friesen mit folgenden Worten: „Der Stamm ist nach außen frei, keinem anderen Herrn unterworfen. Für die Freiheit gehen sie in den Tod und wählen lieber den Tod, als dass sie sich mit dem Joch der Knechtschaft belasten ließen. Daher haben sie die militärischen Würden abgeschafft und dulden nicht, dass einige unter ihnen sich mit einem militärischen Rang hervorheben. Sie unterstehen jedoch Richtern, die sie jährlich aus der Mitte wählen, die das Staatswesen unter ihnen ordnen und regeln …“.
Dieses Recht galt bis 1498, als der Kaiser Maximilian I Ostfriesland für 300.000 Gulden an Herzog Albrecht von Sachsen abtrat. Man mag bei der Summe an die 30 Silberlinge des Judas denken.
Damit aber war der Grundgedanke der Friesischen Freiheit nicht aus der Welt: Bereits 20 Jahre später lebte er, wenn auch in anderer Form, wieder auf. Als nämlich die reformatorischen Gedanken Luthers und mehr noch Zwinglis das Land erreichten. Zwinglis Schüler Johannes Apportanus, Prediger an der Großen Kirche zu Emden, verbreitete sie nach dem Oldersumer Religionsgespräch von 1526 per Flugblatt.
So wurde Emden zur Mitte des 16. Jahrhunderts ein wichtiger Ort der Reformation. Die Stadt zählte damals zu den größten im Deutschen Reich und hatte den größten Seehafen Europas. Die politische Situation in Ostfriesland und das internationale Gepräge dieser Stadt waren Nährboden für eine große Vielfalt reformatorischer Ansätze. Die Friesische Freiheit hatte die Menschen unabhängiges, eigenständiges Denken gelehrt.
Emden wurde Zufluchtsort religiös Verfolgter und bot einer intellektuellen Elite Asyl. Sie nahmen von hier aus Einfluss auf die Entwicklung der Reformation in anderen europäischen Ländern. Andernorts verbotene Literatur wurde in Emden gedruckt und von dort aus verbreitet. Die Stadt und ihre Kirche wurden zur »Moederkerk« der niederländischen Reformation. Am Ende verwandelte die Reformation Calvinscher Prägung Emden in einen fast autonomen Stadtstaat; die Friesische Freiheit lebte weiter.
Seit kurzem ist Emden die erste Reformationsstadt Europas, und diese Auszeichnung gilt nicht nur den Ost-, sondern genauso den Nord-, West-- und Saterfriesen. Denn in den damals entstandenen Kirchenordnungen – wir würden heute von Gemeindeordnungen sprechen - und bis heute in den Verfassungen reformierter und presbyterianischer Gemeinden und Kirchen finden sich die Grundgedanken der Friesischen Freiheit wieder: Eigenverantwortliche Selbstverwaltung, Subsidiarität und Solidarität, Gleichheit aller.
Das sind menschenwürdige Werte, die vielen vorenthalten werden. Wo sie heute gelten, sind sie jünger als die Friesische Freiheit. An sie zu erinnern, ist nicht Nostalgie, ist keine Verherrlichung vergangener Zeiten. An die Friesische Freiheit zu erinnern, ist Verpflichtung. Wo, zum Beispiel, haben Flüchtlinge gleiche Chancen und gleiche Rechte wie Einheimische!
Rangordnungen und Verordnungen regeln heute das Zusammenleben und machen es nicht unbedingt einfacher. Vielmehr versuchen sie, Eigeninitiative und Eigenverantwortung zu beschneiden. Die Friesische Freiheit bietet Werte, bietet Kriterien, gesellschaftlich gewollte und politisch gesteuerte Entwicklungen zu überprüfen und, wo nötig, gegenzuhalten.
Die Friesische Freiheit hat 700 Jahre offiziell gegolten. Sie hat bei den Menschen eine Mentalität ausgeprägt, die sich bis heute immer wieder zeigt. Vielleicht nicht deutlich genug. Doch die Ideale Friesischer Freiheit sind zu kostbar für ein Nischendasein. Sie gehören gelebt, und es gibt viele Gelegenheiten dazu. Und sie gehören präsentiert. Nicht nur hier am Upstalsboom, der in Bälde entsprechend umgestaltet wird. Die Werte und Ideale der Friesischen Freiheit gehören präsentiert durch die eigene Lebensgestaltung in Gesellschaft und Politik. Dann bleiben sie lebendig und werden auch für andere attraktiv.
Läiwe Landslüü, willkommene Gäste, wenn wir uns heute an diesem Platz die Friesische Freiheit vergegenwärtigen, dann um auch weiterhin in Freiheit und Gleichheit geschwisterlich zu leben. In diesem Sinne: Eala freya Fresena! Danke.
Der Upstalsboom - „ein mythischer Ort für die Friesen“
Dr. Paul Weßels referierte beim Friesischen Forum in Leer
Zu einem Vortrag über den Upstalsboom hatte das Friesische Forum jetzt nach Leer eingeladen. Dr. Paul Weßels, Leiter der Bibliothek der Ostfriesischen Landschaft, stellte seinen Vortrag unter den Titel "Der Upstalsboom - Geschichte und Rezeption seit dem hohen Mittelalter".
Im Mittelalter trafen sich die Vertreter der sieben Seelande, der freien friesischen Landgemeinden, einmal jährlich am Dienstag nach Pfingsten am Upstalsboom bei Aurich, um für Rechtsfrieden zu sorgen und gemeinsame Belange zu beraten. Dr. Weßels referierte über die Grründe, warum die Wahl auf den Upstalsboom als Versammlungsort fiel. Neben der relativ zentralen Lage im damaligen Friesland sei auch die erhöhte Lage am Geestrand ein Grund für diese Wahl gewesen.
Die damalige friesische Freiheit sei zwar weit entfernt gewesen von der heutigen Demokratie, aber die Friesen hätten ihre autonomen Landgemeinden und ihre persönlichen Freiheitsrechte gehabt. Das sei ein entscheidender Unterschied zu den feudalen Abhängigkeits- und Hörigkeitsverhältnissen gewesen, die im übrigen Europa zu der damaligen Zeit geherrscht hätten. Im Laufe der Zeit habe der Upstalsboom für die Friesen eine mythische Bedeutung erlangt – die auch das Ende der mittelalterlichen Epoche der friesischen Freiheit überdauert habe. Der große Gelehrte Ubbo Emmius bezeichnete ihn als „Altar der Friesischen Freiheit“. Auch das Wappen der Ostfriesischen Landschaft zeige einen stilisierten Upstalsboom.
Der Vortrag von Weßels fand großen Beifall bei den dreißig Zuhörern und sorgte noch für etliche Nachfragen und Diskussionsbeiträge. Arno Ulrichs als Vorsitzender des Friesischen Forums dankte Dr. Weßels und lud abschließend zum traditionellen Treffen am Abend des Pfingsdienstags beim Upstalsboom ein. Das Friesische Forum organisiert diese Treffen alljährlich im Gedenken an die Zusammenkünfte der Friesen im Mittelalter. In diesem Jahr ist das Thema des Treffens „Europa und die Friesen“.
► Bei der anschießenden Jahreshauptversammlung des Friesischen Forums wurde der bisherige Vorstand im Amt bestätigt. Neben dem Vorsitzenden Arno Ulrichs (Simonswolde) gehören ihm Paul Kluge (Leer) und Torsten Bruns (Moormerland) an.
Aufwertung des Upstalsbooms ein „überfälliger Schritt“
Friesisches Forum begrüßt die Pläne der Ostfriesischen Landschaft und der Stadt Aurich
Das Friesische Forum begrüßt die Pläne der Ostfriesischen Landschaft und der Stadt Aurich, den Upstalsboom aufzuwerten. „Dieser Schritt ist überfällig und erhält unsere volle Unterstützung“, sagte das Vorstandsmitglied des Friesischen Forums, Torsten Bruns aus Moormerland. Immer wieder hätten insbesondere auch auswärtige Besucher bemängelt, dass die gegenwärtige Situation beim Upstalsboom der Bedeutung dieser kulturgeschichtlichen Stätte nicht gerecht werde.
Im Mittelalter trafen sich am Upstalsboom die Vertreter der sieben Seelande, der freien friesischen Landgemeinden, einmal jährlich am Dienstag nach Pfingsten, um für Rechtsfrieden zu sorgen und gemeinsame Belange zu beraten. Der Upstalsboom gelte seitdem nicht nur Ubbo Emmius als „Altar der Friesischen Freiheit“.
Über Einzelheiten der Planungen müsse man sicherlich noch reden. Dafür böten die vorgesehenen Beratungen noch ausreichend Raum. Unstrittig sei aber der Bedarf an mehr Informationsmöglichkeiten am Upstalsboom, damit für die Besucher die hohe Bedeutung der Stätte erkennbar werde.
Das Friesische Forum will die Planungen unterstützen und hofft auf eine zügige Umsetzung des Vorhabens. Der Upstalsboom sei Herzensangelegenheit aller Friesen – „sicherlich gibt es auch Möglichkeiten der Mitfinanzierung aus der Bevölkerung“, so Arno Ulrichs (Simonswolde); Vorsitzender des Friesischen Forums.
Friesen freuen sich über den Titel „Kulturhauptstadt“
Friesisches Forum: Nominierung Leeuwardens Chance für alle Friesen
Leeuwarden wird „Europäische Kulturhauptstadt 2018“ – die Hauptstadt der niederländischen Provinz Fryslân setzte sich am Freitag gegen die Favoriten Maastricht und Eindhoven durch. Die von der niederländischen Kulturministerin Jet Bussemaker verkündete Entscheidung wurde vom Jubel tausender Friesen in Leeuwarden begleitet.
Jedes Jahr dürfen nach einem festgelegten Turnus zwei europäische Länder eine Kulturhauptstadt festlegen, 2018 wird neben Leeuwarden auch die maltesische Hauptstadt La Valetta den Titel tragen. Die Entscheidung muss offiziell noch von den Kulturministern der EU bestätigt werden.
Das in Ostfriesland beheimatete Friesische Forum freut sich über die Auszeichnung Leeuwardens: „Mit dieser Entscheidung bieten sich große Chancen. Bis 2018 und darüber hinaus wird sich die friesische Hauptstadt Leeuwarden einer besonderen Aufmerksamkeit in Europa sicher sein können. Wir gratulieren Leeuwarden und insbesondere der friesischen Kulturminsterin Jannewietske de Vries, die sich gegen alle Zweifel durchgesetzt hat“ sagte der Vorsitzende des Friesischen Forums, Arno Ulrichs aus Simonswolde. Ministerin de Vries hatte in 2011 bei der traditionellen Kundgebung zu Pfingsten am Upstalsboom in Aurich-Rahe für die Unterstützung auch der Ostfriesen für die Nominierung Leeuwardens geworben.
Das Friesische Forum will die Auszeichnung Leeuwardens nutzen, um die Chancen zu nutzen, die sich aus der größeren Aufmerksamkeit für die friesische Kultur ergeben. „Das sollte eine Herzensangelegenheit für alle bewußten Friesen und die friesischen Kultureinrichtungen sein“, so Ulrichs
Förderung der friesischen Sprache in Ost-Friesland
Vorbemerkung: Das Friesische Forum hat auf Vorschlag des Sprachwissenschaftlers Prof. D. Marron C. Fort im Jahre 2003 und 2004 erstmals Friesisch-Sprachkurse für Ostfriesen angeboten. Kooperationspartner war dabei der Seelter Buund, die Vereinigung der Saterfriesen und die Volkshochschulen in Leer und Emden. Diese Kurse fanden regen Zuspruch, so dass in diesem Jahr weitere Kurse geplant sind. Es zeichnet sich ab, dass weiterhin – wenngleich nur in einem besonders augeschlossenen Bevölkerungsteil – lebhaftes Interesse am Kennen- und Erlernen der friesischen Sprache besteht. Da dieses Interesse kaum mehr mit ehrenamtlichen Engagement allein bedient werden kann, ersuchen wir um Unterstützung für folgende Maßnahmen, die im Nachgang zum Gespräch mit Frau Gitta Connemann MdB am 22. Juni 2005 zusammengestellt wurden.
1. Ausbau des Sprachkurs-Angebotes in der Fläche (insbesondere Aurich, Norden und Wittmund) sowie auf den verschiedenen Ebenen (Anfänger, Fortgeschrittene, aktive Sprecher, ...)
2. Erarbeitung und Ausstrahlung einer Radio-Sprachlernsendung (mit mehreren Folgen) in Kooperation mit der Ems-Vechte-Welle und Radio Ostfriesland.
3. Adaption dieser Sprachlernsendung für digitale Medien wie CD und Internet
4. Zusammenstellung und Realisierung eines Musik-Samplers (auf CD) mit friesischer Musik (bspw. mit den Gruppen Rapalje, Laway, Hummelspieler Wilfried Ulrich)
5. Zusammenstellung und Herausgabe eines Buches mit dem Arbeitstitel „Friesische Spuren in Ostfriesland“, das die ostfriesische Kultur insbesondere hinsichtlich der Gemeinsamkeiten mit der kulturellen Tradition der beiden anderen Frieslande darstellt.
6. Jährliche Veranstaltungsreihe (Titelvorschlag „Friesischer Frühling“ in Entsprechung zum „Musikalischen Sommer“) mit Lesungen von Märchen, Romanen und Dichtungen in friesischer Sprache
7. Bessere Beschilderung (Hinweisschilder) für wichtige Stätten der friesischen Kultur (bspw. Upstalsboom, Radbodsberg, Klosterstätten Ihlow und Marienthal/Norden) und Realisierung zweisprachiger Ortstafeln vor allem in den Orten, wo im Ortsnamen die friesische Herkunft erkennbar ist.
8. Stärkere Ausprägung des heimatkundlichen Anteils am Schulunterricht; Unterstützung der Schulen beim Angebot von Plattdeutsch- und Friesisch-Sprachkursen in AG-Form
Diese Vorschläge stellen nur eine erste Arbeitsskizze dar; weitere Vorschläge, Anregungen und Kritik sind ausdrücklich erwünscht.